Wissenschaft und Politik – Tagungshinweis

Im Rahmen der Sonderausstellung Graben für Germanien – Archäologie unterm Hakenkreuz findet am 28. & 29. Juni 2013 das Internationale Symposium VERNETZT – KULTURWISSENSCHAFT UND KULTURPOLITIK, FORSCHUNG, LEHRE, LEGITIMATION statt. Am Beispiel verschiedener Wissensräume und -kontexte werden die diskursiven Verbindungen zwischen Wissenschaft und Politik beleuchtet und kritisch diskutiert. Dabei wird der Blickwinkel durchaus über das Dritte Reich hinaus geöffnet.

Weitere Informationen nach dem klick.

Massendinghaltung in der Archäologie

Unsere Tagung „Massendinghaltung in der Archäologie. Der material turn und die Ur- und Frühgeschichte“ ist nun erfolgreich beendet. Es kamen letztendlich mehr Besucher*innen als erwartet und dennoch waren die Diskussionen lebhaft. Den Löwenanteil am Gelingen der Veranstaltung trugen ganz klar die Referentinnen und Referenten. Ihnen allen sei herzlich gedankt.

Die Zusammenfassung des ersten Tages hat eine Zuhörerin auf dem Blog sprachederdingeblog.wordpress.com veröffentlicht.

Jahrestagung DArV

Vom 21. bis 22. Juni 2013 findet im Archäologischen Institut der Universität Hamburg die „Jahrestagung des Deutschen Archäologen-Verbandes“ statt.

Mit dem diesjährigen Thema „Archäologisches Publizieren – Möglichkeiten und Chancen zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit“ geht es vor allem um die Vermittlungspraxis archäologischen Wissens.

Das Programm öffnet sich hier.

Massendinghaltung in der Archäologie

An prominenter Stelle machen wir hiermit noch einmal auf unsere Tagung

„Massendinghaltung in der Archäologie. Der material turn und die Ur- und Frühgeschichte“ aufmerksam.

Eine Anmeldung für den Tagungsbesuch ist nicht notwendig. Allerdings sollten diejenigen, die auch am Rahmenprogramm teilnehmen möchten, uns noch schnell eine Mail an massendinghaltung@gmx.de schreiben.

Für das Programm mit Abstracts bitte hier klicken.

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Streichungen der Denkmalförderung

DGUF-Petition gegen angekündigte Streichung der Zuschüsse für Archäologie und Denkmalpflege in Nordrhein-Westfalen

Mit dem Mitte März 2013 vorgelegten Gesetzesentwurf für die Einführung des Verursacherprinzips und des Schatzregals in Nordrhein-Westfalen schien endlich die gesetzliche Lage des Denkmalschutzes verbessert (http://www.dguf.de/index.php?id=281). Doch zugleich bremste die Regierung des Bundeslandes den Enthusiasmus entscheidend, indem sie ankündigte, die Mittel für die Bodendenkmalpflege drastisch zu kürzen und bis 2015 gänzlich auf null zu reduzieren. Damit nimmt sich die Landesregierung gänzlich aus der Verpflichtung und Verantwortung des Kulturgüterschutzes heraus und überträgt die Finanzierung und Umsetzung ihrer Aufgaben an Dritte.

Die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte e. V. (DGUF) appelliert mit einer Petition gegen diese Kürzungen und bittet die Landesregierung an den Verhandlungstisch, um bessere Alternativen zu diskutieren. Eingeladen, die Petition durch eine Unterschrift zu unterstützen, sind nicht nur fachinterne WissenschaftlerInnen, sondern ebenso alle an der Geschichte und Kultur des Landes NRW interessierten und für das Land engagierten Bürger. Weitere Informationen hier. Die Pressemeldungen und weitere Meldungen hat Rainer Schreg auf seinem Blog Archaeologik zusammengestellt.

Die AG TidA unterstützt die Petition der DGUF vorbehaltlos und ruft dazu auf, diese zu unterzeichnen.

Hier geht es zur Petition:

https://www.openpetition.de/petition/online/angekuendigte-streichung-der-landeszuschuesse-fuer-die-archaeologie-und-denkmalpflege-zuruecknehmen

 

 

Programm zur Tagung „Massendinghaltung in der Archäologie“

Massendinghaltung in der Archäologie.
Der material turn und die Ur- und
Frühgeschichte

Tagung der Arbeitsgemeinschaft Theorien in der Archäologie e.V. (AG TidA)

Organisation: Kerstin P. Hofmann, Thomas Meier, Doreen Mölders und
Stefan Schreiber

23. – 25. Mai 2013 Berlin, Topoi Building Dahlem, Hittorfstr. 18, 14195 Berlin

Die Archäologie gehört zu den wenigen Wissenschaften, die sich seit ihrer Herausbildung als akademische Disziplin stets um die Akzeptanz von Objekten als Ausdruck kulturellen Wissens bemühen. Sie sollte daher den meisten kulturwissenschaftlichen Disziplinen im analytischen Umgang mit den Dingen einige Schritte voraus sein. Im Zuge des material turn und der Ausweitung des Forschungsinteresses anderer Kulturwissenschaften auf die
Materielle Kultur bietet sich der Archäologie erstmals die Möglichkeit, die gewonnenen Erfahrungen mit den Dingen, ihrem Eigensinn und ihrer Tücke interdisziplinär zu diskutieren und gleichzeitig die fachinternen Praktiken aus einer anderen Perspektive kritisch zu hinterfragen.
Wir wollen mit der Tagung „Massendinghaltung in der Archäologie. Der material turn und die Ur- und Frühgeschichte“ diese Gelegenheit nutzen, um das gegenwärtig vielbeschworene Interesse an den Dingen in den archäologischen Blick zu nehmen. Darüber hinaus haben wir Expertinnen anderer Wissenschaften gebeten, von einem jeweils spezifischen Standpunkt aus auf die Dinge und deren archäologische Handhabung zu schauen.
Das Programm wird von Referentinnen und Referenten verschiedener Disziplinen gestaltet. Dabei werden in 17 Redebeiträgen die Facetten von Materialität beleuchtet, die Beziehungen zwischen Menschen und Dingen aufgedeckt und Sammlungen zu Besonderen Orten von Dingen erklärt.

Wir laden alle Interessenten dazu ein, an der Tagung teilzunehmen und mit uns zu diskutieren. Außerdem nehmen wir bis zum 2. Mai gern Vorschläge für Poster zum Beispiel zum Thema workplace studies an, auf denen Forschungspraktiken in Interaktion mit archäologischen Dingen oder Dinge des Arbeitsalltags gezeigt und beschrieben werden.
Weiterhin rufen wir dazu auf, in Kurzbeiträgen am Rande geliebte oder auch gehasste Dinge wissenschaftlicher Tätigkeit dem Publikum materiell vorzustellen!

In einem Rahmenprogramm werden wir am Donnerstag, den 23. Mai, 18 Uhr in Kleingruppen das Magazin im Museum Schloss Charlottenburg und am Samstag, den 25. Mai, 10 Uhr das Museum der Dinge (Eigenbetrag ca. 6 Euro/Person) besuchen. Für beide Veranstaltungen ist eine verbindliche Anmeldung unter massendinghaltung@gmx.de bis zum 30. April erforderlich.

PROGRAMM
Donnerstag, 23.05.13

9:30 Doreen Mölders (Chemnitz): Einleitung

10:00 Matthias Jung (Frankfurt/M.):  Krüge und Henkel. Ein „material turn“ in der deutschen Philosophie und Soziologie zu Beginn des 20. Jahrhunderts

10:30 Kaffee

11:00 Thomas Meier (Heidelberg): Materialität – ein (un)zeitgemäßes Konzept?

11:30 Stefan Schreiber (Berlin):  Cyborgs in der Vergangenheit: Posthumanismus oder eine neue sozial(er)e Archäologie?

12:00 Philipp W. Stockhammer (Heidelberg): Mensch-Ding-Verflechtungen aus ur- und frühgeschichtlicher Perspektive

12:30 Mittagessen

13:30 Kerstin P. Hofmann (Berlin): Das Ding als historische Quelle in Revision

14:00 Manfred K. H. Eggert (Tübingen) & Stefanie Samida (Potsdam): Überlegungen zum historischen Potential des Materiellen oder Können Dinge der Vergangenheit redundant sein?

14:30 Kaffee

15:00 Hans Peter Hahn (Frankfurt/M.): Sammlungen – Besondere Orte von Dingen und ihr Eigensinn

15:30 Astrid Hackel (Berlin):  Die tourende Sammlung: Jan Lauwers und Needcompanys Performance Isabellas Zimmer als Gegenentwurf zur Institutionalisierung der Dinge

16:00 Dominik Collet (Heidelberg): Dinge als „disciplinary objects“. Frühe universitäre Sammlungen und die Naturalisierung neuer Wissensfelder

16:30 Diskussion

17:00 Abfahrt in Richtung Schloss Charlottenburg

18:00 Besuch des Magazins im Museum Schloss Charlottenburg
(Anmeldung erforderlich!)

20:00 Möglichkeit zum gemeinsamen Abendessen in der Trattoria Opera Italiana, Spandauer Damm 5, 14059 Berlin

Freitag, 24.05.13

9:30 Susanne Grunwald (Berlin): „Riskante Zwischenschritte“. Archäologische Kartographie in Deutschland um 1900

10:00 Katja Rösler (Maintal): Mit den Dingen rechnen: „Kulturen“-Forschung und ihr Geselle Computer

10:30 Kaffee

11:00 Arnica Keßeler (Berlin): Affordanz oder was Dinge können!

11:30 Tatiana Ivleva (Leiden): A totality of things and objects: multifaceted British-made brooches abroad

12:00 Mittagessen

13:00 Reinhard Bernbeck (Berlin): Akkumulieren ist eine Suchtkrankheit und Archäologie ist ihr Symptom

13:30 Raimund Karl (Bangor): My preciousssss… Oder: every sherd is sacred

14:00 Kaffee

14:30 Sabine Rieckhoff (Leipzig/Regensburg): Ist das Archäologie oder kann das weg?

15:00 Abschlussdiskussion

16:00 Mitgliederversammlung der AG TidA

Samstag, 25.05.13

10:00 Besuch im Museum der Dinge mit Führung (Anmeldung
erforderlich, Eigenbeitrag ca. 6 € pro Person!)

ABSTRACTS

Matthias Jung

Krüge und Henkel. Ein „material turn“ in der deutschen Philosophie und Soziologie zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Bereits in der deutschen Philosophie und Soziologie des frühen 20. Jahrhunderts ereignete sich ein „material turn“, eine Hinwendung zu konkreten und alltäglichen Dingen, die, neben dem logischen Positivismus, Ausdruck eines wiedererstarkenden Empirismus war. Als exemplarisch für diesen Prozess sollen Texte von Ernst Bloch, Georg Simmel und Martin Heidegger diskutiert werden, die sich mit der Getränkeaufbewahrung dienenden Gefäßen beschäftigen. Das Interesse der nicht aufeinander Bezug nehmenden Theoretiker ausgerechnet an derartigen Gefäßen gründet darin, dass es sich um Gegenstände handelt, die beständig in Gebrauch sind, die sich aufgrund ihrer umfangreichen Außenfläche in besonderer Weise zu künstlerischen Gestaltungen eignen und die schließlich als dem Komplex der Konsumtion von Getränken angehörig oft in die gemeinsame soziale Praxis mehrerer Personen eingebettet sind. Ziel des Beitrags ist die Klärung der Frage, warum die an den Versuchen Blochs, Simmels und Heideggers ablesbaren Ansätze zu einer Hermeneutik materieller Kultur weitgehend versandeten, ohne eine Tradition begründen zu können, und ob eine Rückbesinnung auf ihre Konzepte, die (soweit ich sehe) keinen oder zumindest keinen unmittelbaren Einfluss auf die seinerzeit sich allmählich etablierende ur- und frühgeschichtliche Archäologie hatten, für eine Erschließung der Bedeutung von Zeugnissen materieller Kultur auch gegenwärtig noch fruchtbar sein kann.

Matthias Jung
Institut für Grundlagen der Gesellschaftswissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt am Main
matjung@stud.uni-frankfurt.de

Thomas Meier                                                                                   Materialität – ein (un)zeitgemäßes Konzept?

Materialität als unveränderlicher, den Dingen innewohnender Kern, deren
phänomenologische Gewalt (Frers) und Präsenz (Gumbrecht), ihr (akteurtheoretischer?) Eigensinn nebst ihrer Tücke oder ihr eigenes Recht sind derzeit in den Kulturwissenschaften en vogue. Aber sind sie wirklich so neu und modisch, wie sie vorgeben zu sein, sind sie zeitgemäß? Jenseits innovatorischer Rhetorik („material turn“) greift das Konzept einer essentialistisch verstandenen Materialität – betont oder auch in wissenschaftsgeschichtlicher Unkenntnis – in meist stark vereinfachter Form Ansätze aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf, die letztlich als phänomenologisch zu bezeichnen sind. Dabei wird mancherlei übersehen: Die Wissenschaftstheorie hat sich weiterentwickelt, und was um 1900 (Husserl) oder 1920/40 (Heidegger) ohne weiteres schlüssig war, muss sich heute den erkenntnistheoretischen Debatten der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts stellen. Insbesondere hat der (radikale) Konstruktivismus einem phänomenologisch-essentialistischen Ansatz den theoretischen Boden entzogen, und jede Phänomenologie muss nun gegenüber dem Konstruktivismus nachweisen, dass sie eine essentialistische Materialität der Dinge logisch zu begründen vermag. „Flotte“ Auswege, den Konstruktivismus schlicht für überholt zu erklären (z.B. Latour, Gumbrecht) oder den Dingen gegen ein Übermaß an Idealismus zu ihrem Recht verhelfen zu wollen, bleiben argumentativ leer und scheinen darauf hinzudeuten, dass epistemologische Begründungen fehlen. Die Annahme einer apriorischen Materialität, die vom Menschen, wenn auch in kulturellen Ausformungen, erkannt werden könne, basiert letztlich auf dem Cartesischen Dualismus von Geist (res cogitans) versus Materie (res extensa), der sich wissenschaftshistorisch als kulturelle Perspektive einer genuin westeuropäischen Geistesgeschichte darstellt. Auch diese Entstehungsbedingungen des Konzepts „Materialität“ sprechen gegen die ontologische Annahme einer Materialität als kulturunabhängigem Wesenskern der Dinge.
Das Konzept „Materialität“ bedient ein positivistisches Weltbild, das in den Dingen die Basis der Erkenntnis vermutet, und dient damit der Durchsetzung eines naturwissenschaftlichen Blicks auf die Welt. Diese Perspektive, welche die Welt zum Objekt macht, ist ganz wesentlich ein diskursives Machtinstrument (Foucault) und erkenntnistheoretisches Problem der westlichen Kulturen (Groh). In der Kombination von Eurozentrismus und Anspruch auf Allgemeingültigkeit trägt es in seiner Anwendung auf fremde Kulturen kolonialistische Züge.
Das Konzept „Materialität“ scheint daher zwar an der Oberfläche eine neue, aktualistische Wende der Kulturwissenschaften zu begründen, entlarvt sich bei näherer Betrachtung aber als äußerst rückw.rtsgewandt – und zwar sowohl in erkenntnistheoretischer wie in machtstruktureller Hinsicht. Es bedient mit modisch-theoretischem Anstrich und erheblicher epistemologischer Ignoranz die positivistische Überzeugung des 19. Jahrhunderts, die Basis der Erkenntnis sei das Material, und blockiert damit eine breite erkenntnistheoretisch informierte Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Archäologie.

Thomas Meier
Institut für Ur- und Frühgeschichte
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
thomas.meier@zaw.uni-heidelberg.de

Stefan Schreiber                                                                                  Cyborgs in der Vergangenheit: Posthumanismus oder eine neue sozial(er)e Archäologie?

Archäologie muss sich als Institution der „Massendinghaltung“ neben Fragen der Akkumulation, Lagerung und Konservierung auch den methodologischen und ethischen Problemen einer solchen Praxis stellen. So muss auch gefragt werden, wie und unter welchen Bedingungen wir Akteur_innen der Vergangenheit in Dinge verwandeln, die wir „entrechtet“ in Käfige und Kartons verpacken und solcherart Gewalt über sie ausüben. Kürzlich prophezeite Stefan Burmeister, dass der material turn verstärkt posthumanistische Konzepte in die Archäologie einbringen werde (Burmeister 2012). Zugleich wies er darauf hin, dass der emanzipatorische Gedanke des Posthumanismus, ähnlich wie im Humanismus selbst, ein repressives Potential entfalten könnte. So fokussiert der Posthumanismus auf die Rechte von Pflanzen, Tieren, Künstlichen Intelligenzen und anderen auch hybriden Akteur_innen. Menschlichkeit tritt als Eigenschaft von Akteur_innen bzw. Aktanten in den Hintergrund, postsubjektive Formen der Handlungsfähigkeit – agency – rücken ins Zentrum. Um sich der Frage zu nähern, welchen Charakter eigentlich die durch die Archäologie untersuchten vergangenen Akteur_innen haben – seien es nun der „indian behind the artifact“ oder der „indian behind the indian“ oder aber das Artefakt selbst – wird im Vortrag Donna Haraways Konzept der Cyborg angeführt (Haraway 1991). Als Folge der Dekonstruktion der Grenzziehung zwischen Tier und Mensch, Mensch und Ding/Maschine sowie Physikalischem und Nichtphysikalischem führt sie die Cyborg als posthumanistische Akteur_in der Gegenwart ein, die sie kulturkritisch für die Schwächung und Überwindung anderer humanistischer und dualistischer Grenzen, wie der zwischen Geschlechtern und Spezies nutzen möchte. Für die Archäologie und damit für die Akteur_innen der Vergangenheit bietet sich dieses Konzept m.E. an, da nicht a priori bestimmte subalterne Gruppen, welche bislang durch die hegemoniale Stellung männlich-weiß-westlich geprägter Wissenschaft vernachlässigt wurden – so z. B. Frauen, Greise, Tiere und Dinge und auch alle hybriden „Trans-Ding-Akteur_innen“ –, ausgeblendet oder benachteiligt und als konturlose Massen gehalten und genutzt werden. Der Vortrag thematisiert die Chancen und Möglichkeiten von Cyborgs in der Vergangenheit, die Fokussierung auf das soziale, verbindende zwischen den verschiedenen Akteur_innen. Zugleich soll aber auch der Frage nachgegangen werden, ob Archäologie nicht schon immer posthumanistisch gearbeitet hat und der material turn eigentlich ein non-human turn ist und damit zur Unterdrückung des Menschen statt zur Gleichberechtigung und Emanzipierung hybrider und nicht-menschlicher Gruppen führt. Führen uns Cyborgs in der Vergangenheit zu einer posthumanistischen oder einer neuen sozial(er)en Archäologie?

Stefan Schreiber
Institut für Prähistorische Archäologie
Freie Universität Berlin
stefan.schreiber@topoi.org

Philipp W. Stockhammer

Mensch-Ding-Verflechtungen aus ur- und frühgeschichtlicher Perspektive

In den letzten Jahren wurde die Archäologie mit dem wachsenden Interesse der benachbarten Disziplinen konfrontiert, die von der Erfahrung der Archäolog(inn)en im Umgang mit materieller Kultur lernen wollten. Um diesen neuen Anforderungen auch gerecht werden zu können, müssen wir uns der methodischen Herangehensweisen und erkenntnistheoretischen Potentiale unseres Fachs im Umgang mit den Dingen bewusst werden und unsere
Analyseschritte auf eine Art und Weise definieren, die den interessierten Nachbardisziplinen die Möglichkeit zum Anschluss bietet. Aus diesem Grund ist es notwendig, den Practice Turn der Kultur- und Sozialwissenschaften auch in der Archäologie nachzuvollziehen (Stockhammer 2012) und zugleich einen neuen, eigenständigen, methodischen Ansatz zur Analyse von Mensch-Ding-Verflechtungen zu entwerfen, wie dies bereits Ian Hodder (2012) versucht hat. In meinem Vortrag möchte ich mit vier entscheidenden Themenkomplexen unsere Herangehensweise an die Dinge beleuchten, nämlich die Objekte in ihrer Materialität, in ihrem archäologischen Kontext, in ihrer räumlichen Verbreitung und in ihrer Macht und Bedeutung in Relation zum Menschen. Eine Integration und Aneignung von Aspekten der Akteur-Netzwerk-Theorie Bruno Latours in unsere Methodologie wird uns ermöglichen, noch weiterführende Einblicke in die komplexen Mensch-Ding-Verflechtungen der Vergangenheit zu gewinnen. Latour vernachlässigt allerdings das transformative Potential von Objekten, das ich als die doppelte Wandelbarkeit der Dinge definieren und dann die Wirkungsmacht dieser Wandelbarkeit auf den Menschen beim Umgang mit den Dingen herausstellen möchte.

Philipp W. Stockhammer
Institut für Ur- und Frühgeschichte
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
philipp.stockhammer@zaw.uni-heidelberg.de

Kerstin P. Hofmann

Das Ding als historische Quelle in Revision

Durch den material turn und die Suche nach authentischer historischer Substanz kam es in den letzten Jahren zu einer Aufwertung der archäologischen Funde und Befunde gegenüber den seit den Anfängen der Geschichtswissenschaft überwiegend präferierten Schriftquellen. Die Archäologie sowie ihre Praktiken und Techniken der Massendinghaltung (Bergung, Dokumentation, Klassifikation, Archivierung, Auswertung und Präsentation von Funden) erfahren eine bis dato so nie gekannte Aufmerksamkeit. Gleichzeitig orientiert man sich in der Archäologie bei den Versuchen, den Zeugniswert materieller Hinterlassenschaften zu bestimmen, jedoch immer noch an den Altmeistern der historischen Zunft, Johann Gustav Droysen und Ernst Bernheim, und verwendet auch heute noch ihre primär für Schriftquellen entwickelte Systematik. Ziel des Vortrages soll es sein, den spezifischen Quellencharakter materialer historischer Überlieferung in Form von Dingen und die ihnen inhärenten Artikulationsformen des Vergangenen auf Grundlage der neuen Ansätze und Theorien der material culture studies zu erörtern – ohne dabei die den Dingen innewohnende Bescheidenheit durch das Pathos des Authentischen abzulösen und die Konstruktionsvorgänge der vermeintlich objektiv gegebenen, unmittelbar und wahrhaftig auf uns überkommenden historischen Dingwelten unberücksichtigt zu lassen.

Kerstin P. Hofmann
Institut für Prähistorische Archäologie
Freie Universität Berlin
kerstin.hofmann@topoi.org

Manfred K. H. Eggert & Stefanie Samida

Überlegungen zum historischen Potential des Materiellen oder Können Dinge der Vergangenheit redundant sein?

Der Vortrag sucht die Problematik der archäologisch erschlossenen und erschließbaren Überreste der Vergangenheit aus einem erkenntnis- und geschichtstheoretischen Blickwinkel zu behandeln. Pragmatische Aspekte ihrer Restaurierung, Konservierung und Lagerung werden im Einzelnen zwar nicht erörtert, bilden aber den Hintergrund unserer Ausführungen. Wir möchten den „Dingen auf die Spur“ kommen, indem wir zum einen die der Materiellen Kultur innewohnende Dimension der „Dingbedeutsamkeit“ (K.-S. Kramer) untersuchen. Hierbei haben wir es im Wesentlichen mit der „auratischen“ Sphäre von Sachgut zu tun. Es ist als Überrest aus einer mehr oder minder fernen Vergangenheit oder einem entsprechenden kulturellen Kontext als etwas „Fremdes“ in unserer Kultur präsent. Die Aura archäologisch erschlossener Überreste etwa ist ein gutes Beispiel für die Faszination, die „alte“ Dinge beim Betrachter auslösen. Das Auratische ist aufs Engste mit Einfühlung und emotionaler Hinwendung zu den materiellen Überresten der Vergangenheit verknüpft. Aus idealtypischer Sicht stellt dies gewissermaßen den Gegenpol des von uns angestrebten Ziels dar: Uns geht es um die Aussagekraft des Materiellen als Medium wissenschaftlicher Erkenntnis. Wir möchten klären, wie eine auf das Materielle gegründete Erkenntnis strukturiert ist und wo ihre Möglichkeiten und Grenzen liegen. Einer der bekanntesten und extremsten gegenwärtigen Vertreter einer um das Materielle errichteten Erkenntnistheorie ist Bruno Latour. Wir wollen daher in paradigmatischer Absicht einen kritischen Blick auf seine „Akteur Netzwerk-Theorie“ werfen. Dabei geht es uns nicht um Detailkritik. Vielmehr möchten wir die Frage beantworten, ob Dinge im sozialen Kontext tatsächlich als „Aktanten“ fungieren oder fungieren können. Über die Analyse der „Sozialität“ des Materiellen zielen wir auf eine Verknüpfung mit der oben erwähnten Hintergrundsproblematik der Restaurierung, Konservierung und Lagerung historischer Dinge. Zugleich werden wir damit auch die Frage im Untertitel beantworten.

Manfred K. H. Eggert
Institut für Ur- und Frühgeschichte und
Archäologie des Mittelalters
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
manfred.eggert@uni-tuebingen.de

Stefanie Samida
Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Potsdam
samida@zzf-pdm.de

Hans Peter Hahn                                                                          

Sammlungen – Besondere Orte von Dingen und ihr Eigensinn

Obgleich das Sammeln von Dingen als eine Konstante menschlichen Handelns betrachtet werden kann, ist die Idee der Sammlung als Ort öffentlichen und repräsentativen Charakters sehr viel jünger. Hervorgegangen aus den Schatz- und Wunderkammern der Neuzeit, etabliert sich das Museum als Schnittstelle von Wissensstrukturen, politischer Selbstdarstellung medialer Fokussierung erst im 19. Jahrhundert. Allen Beteuerungen über den geistigen und repräsentativen Charakter des Museums zum Trotz ist es dieser Institution nicht gelungen, die offensichtlichen Prallelen zu dem in gleicher Zeit entstandenen Zwilling, dem Warenhaus loszuwerden. Dinge in der Sammlung sind stets mehr, als die guten Wünsche im Moment der Sammlungsentstehung es erahnen ließen. Der Telos einer Museumssammlung – erkenntnisleitend zu sein, der Artikulation von Wissen zu dienen und historische Momente „einzufrieren“ beschreibt im besten Falle einen Teil der tatsächlichen Existenzbedingungen einer Sammlung. Das Ergebnis dieser Dissonanz ist in den alltäglichen Problemen eines Kustos mit seiner Sammlung abzulesen. Eine Sammlung ist eben nicht nur ein Wissensort, sondern auch ein Problem der Konservierung und der Ordnung. Dieser Eigensinn der Dinge verlangt nach immer neuen und raffinierteren Strategien des Umgangs mit ihnen. Gerade die neuesten Entwicklungen in diesem Feld, die vollständige digitale Erfassung der Sammlungen, erscheint als ein Versprechen auf totalen Zugriff bei minimalem Aufwand. Tatsächlich jedoch bedeutet es einen Rückzug aus der widerspruchvollen Welt des Materiellen und birgt in sich die Gefahr, sich mit einem funktional definierten Set an Informationen an einen beschränkten Zugriff zu gewöhnen. Forschungsfragen werden dann nicht mehr an den Dingen selbst, sondern an die verfügbaren Daten gerichtet. Angesichts solcher Probleme versteht sich dieser Beitrag als ein Plädoyer dafür, die Komplexität und den widersprüchlichen Charakter von Objektsammlungen als eine immanente Eigenschaft zu betrachten. Probleme der Ordnung, Objektkonservierung und der angemessenen Lagerung sind nicht lästige Randerscheinungen, sondern als eine Grundeigenschaft von Dingen zu verstehen.

Hans Peter Hahn
Institut für Ethnologie
Goethe Universität Frankfurt am Main
hans.hahn@em.uni-frankfurt.de

Astrid Hackel                                                                                              

Die tourende Sammlung: Jan Lauwers und Needcompanys Performance Isabellas Zimmer als Gegenentwurf zur Institutionalisierung der Dinge

Seit Juli 2004 wird die Performance Isabellas Zimmer des niederländischen Künstlers Jan Lauwers und der von ihm mitbegründeten Needcompany weltweit erfolgreich aufgeführt. In ihrem Zentrum steht eine reale Erbschaft: Eine auf der Bühne präsentierte Auswahl einer über 5800 archäologische und ethnologische Objekte umfassenden Privatsammlung. Mit dem Tod des Vaters Félix Lauwers (1924 – 2004) hat die Sammlung ihren bisherigen Aufstellungsort und ihre einstige Bestimmung verloren. Die Erbschaft impliziert einerseits die Möglichkeit eines Neuanfangs, andererseits die Einsicht in die „Schwere“ ihres Antritts und die damit einhergehende, ethische (und logistische) Verantwortung. Erst vom Zeitpunkt der unerwarteten Erbschaft wird begreifbar, dass Félix Lauwers nicht nur Vater, sondern auch passionierter Hobbyarchäologe und Sammler war. Dass der Tote zu diesem bis dahin unhinterfragten Aspekt seines Lebens nicht mehr Rechenschaft ablegen kann, gehört zum unbefriedigend-defizitären Anteil der moralischen Erbschaft, die in der materiellen immer enthalten ist (vgl. Derrida: Marx‘ Gespenster). Was bleibt, sind die sehr heterogenen, meist aus dem Alten Ägypten und dem südlich der Sahara gelegenen Afrika stammenden Objekte, deren Geschichte(n) mit ins Grab genommen wurden. Seit dem Tod des Vaters, mit dem – historisch verspätet – aus familialer Sicht auch ein bestimmter Typus, nämlich der unschuldig passionierte Sammler, gestorben ist, werden die gesammelten Objekte nur noch schlaglichtartig live on stage sichtbar gemacht, während sie die meiste Zeit der Dunkelheit von Transportkisten und Lagerräumen ausgesetzt sind. Ihre inzwischen gut acht Jahre andauernde, nomadische Existenz im Rahmen flüchtiger Theateraufführungen lässt sich als bewusst offene, provisorische Antwort auf ein persönliches Dilemma zwischen dem Impuls des Zeigens und dem des Versteckens verstehen.
So positioniert, verweist Isabellas Zimmer exemplarisch auf die gesellschaftliche Ratlosigkeit hinsichtlich eines adäquaten Umgangs mit der exorbitant anwachsenden Zahl der zur Kunst erhobenen, dem sozialen Kreislauf für immer entzogenen Objekte aus Privatsammlungen, Museen und Depots. Der aufführungsimmanente Zirkulationsprozess forciert zum einen die reale „Gefährdung“ der weitgehend schutzlos ausgestellten Objekte, zum Anderen mobilisiert er ihre stetige Transformation durch künstlerische und soziale Praktiken, vor allem in Interaktion mit Performern und Zuschauern. Eingebettet in zeitgenössische Diskurse zur agency der Dinge aus Perspektive der material cultural studies stellt sich die Frage nach dem epistemischen und sinnlichen Zugewinn durch den (Medien-)Transfer der Sammlung von einer geschützten und geordneten Privatsphäre auf die offene, scheinbar chaotische Bühne im Kontext der Aufführung.

Astrid Hackel
Institut für deutsche Literatur
Humboldt-Universität zu Berlin
astrid.hackel@gmail.com

Dominik Collet

Dinge als „disciplinary objects“. Frühe universitäre Sammlungen und die
Naturalisierung neuer Wissensfelder

Sammlungen und Museen sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten als Räume der Wissensproduktion wieder entdeckt worden. Der Fokus lag dabei zumeist auf strukturellen Homologien zwischen Sammlung und Labor. Darüber gerät leicht in Vergessenheit, dass Sammlungen neben der Generierung von Wissen auch zahlreiche weitere Funktionen erfüllen: Sie erlauben einen Blick auf die Theatralität von Wissen, die Konstruktion von Evidenz oder die Ressourcen wissenschaftlicher Identitätsbildung. Ihre Objekte lassen sich so als materielle Kristallisationspunkte von Denkkollektiven und Wissenskulturen untersuchen. Der Vortrag illustriert dies am Beispiel des Academischen Museums (1773-1840) der Universität Göttingen. Diese Aufklärungssammlung bildete eine zentrale „contact zone“ von Akademikern und Amateuren, Buchwissen und Dingwissen, von Wunderkammer und Forschungssammlung. Sie brachte neue Akteursgruppen, neue Evidenzprinzipien und neue Wissensfelder an die junge Reformuniversität. Mit den archäologischen, ethnologischen und kunsthistorischen Objekten kamen Forschungen an die Universität, die bisher außerhalb der akademischen Tradition praktiziert wurden. Neue Disziplinen wie die Völkerkunde, die Botanik oder die Archäologie entstanden als eigenständige Fächer in enger Verknüpfung mit der jeweiligen Sammlungen.
Die Dinge verliehen neuen Wissensfeldern eine unbestreitbare Materialität und „naturalisierten“ deren kulturelle Konstruktion. Als „disciplinary objects“ (Kirshenblatt-Gimblett) strukturierten und markierten die Exponate Wissensfelder und –praktiken. Sie wurden so selbst zu Akteuren, die den Wissensbetrieb und seine Ausdifferenzierung bis heute mitprägen. Den Sammlungen kam damit neben ihrer Funktion als Forschungsressource eine zentrale – wenn nicht die Schlüsselrolle – im Prozess der Ausdifferenzierung akademischer Felder und Fächer zu.

Dominik Collet
Heidelberg Center for the Environment
Heidelberg

Susanne Grunwald

„Riskante Zwischenschritte“. Archäologische Kartographie in Deutschland um 1900

In seiner Studie zu einer bodenkundlichen Expedition in den brasilianischen Urwald beschrieb Bruno Latour die Transformationen, denen Untersuchungsobjekte im Verlauf von Forschungsprozessen unterworfen werden (Latour 2000). Latour beobachtete die Wege der Dinge zu den Worten und Zeichen und die Konsequenzen, die solche Transformationsprozesse für den Fortgang der Forschung und das Sprechen darüber haben. Er verwies darauf, dass diese Prozesse u.a. in ihrer Ökonomie überhaupt erst die „Übersicht“ über diese Gegenstände ermöglichen. Solche Übertragungen von Fundplätzen, Befunden und Funden in Zeichensysteme sind auch für die archäologische Wissensproduktion essentielle Praktiken. Ihre Produkte wie z. B. Karten ermöglichen den Überblick über Fundverteilungen auf Ausgrabungen oder landesweit – über die räumliche Verbreitung archäologischer Dinge schlechthin.
Besonders Karten sind inzwischen „kommunikative Selbstverständlichkeiten“ (Gugerli – Orland 2002, 10) der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie und sie leisten so überzeugend und machtvoll Bestandsaufnahmen ebenso wie Ergebnispräsentationen, dass darüber „ihre instrumentellen Voraussetzungen, ihre Prozeduren und Verfahrensbedingungen“ (Ebd.) kaum mehr hinterfragt werden. Sie gilt es aber zu reflektieren, denn sie sind der tradierte Rahmen, in dem archäologische Funde und Befunde zu verschiedenen Zeichen auf Karten transformiert werden, um Ordnung in die Dinge zu bringen.
Eine Möglichkeit der Annäherung an diese Entstehungsbedingungen archäologischer Karten bietet die historiographische Perspektive. Im geplanten Vortrag soll am Beispiel von Debatten aus der Anfangszeit der archäologischen Kartographie um 1900 aufgezeigt werden, was konzipiert und praktiziert wurde, bevor das Kartieren archäologischer Dinge zur Selbstverständlichkeit wurde. Der Rückblick darauf, wie Potentiale und Grenzen der archäologischen Kartographie ausgehandelt wurden, wird deren inzwischen selbstverständliche Transformationsprozesse verdeutlichen. Dadurch werden auch die „riskanten Zwischenschritte“ erkennbar (Latour 2000, 53), von denen Latour auf dem Weg vom Ding zum Zeichen sprach.

Susanne Grunwald
Lehrstuhl der Ur- und Frühgeschichte
Universität Leipzig
susgrun@rz.uni-leipzig.de

Katja Rösler

Mit den Dingen rechnen: „Kulturen“-Forschung und ihr Geselle Computer

Ziel meines Vortrags ist es, auf Grundlage wissenschaftssoziologischer und theoretischer Studien zu den Wirkungen von Technologie und Software auf die Forschenden und die Forschungen, den Umgang der prähistorischen Archäologie mit einer großen Datenmasse zu beschreiben.
Als Beispiel dienen mir die wissenschaftlichen Tätigkeiten Jens Lünings und seiner Schüler_innen. Lünings akademische Schule zeichnet sich durch die „Verarbeitung“ großer Datenmengen aus, denn ihr vorderstes Ziel ist es, chronologische Abfolgen und räumliche Ausbreitungen von neolithischen „Keramikkulturen“ (Lüning 1972) zu erkennen. Ihr Axiom ist folglich die je vollständige Repräsentation aller bis dato bekannten archäologischen Funde der gewählten zeit-räumlichen Einheit. Zur Bewältigung dieser Masse von Dingen ziehen Lünings Schüler_innen Computertechnologien heran. Diese wirken auf das wissenschaftliche Handeln, die wissenschaftliche Gemeinschaft und letztlich auf das Wissen selbst, denn sie „weben mit am Stoff, aus dem die Gesellschaft ist“ (Latour 1998, 65).
In meinem Vortrag wird deutlich werden, dass das eigentliche Artefakt lediglich eine verhältnismäßig kurze Zeit tatsächlich zugegen ist. Seine „Bearbeitung“ kommt dem Scannen gleich, es wird verrechnet und ein Wissen über es entsteht durch die Geste des Klickens auf die Buttons der Software. Dadurch muss sich die/der Forschende von einer/m Keramik Expertin/en zu einer/m Software-Expertin/en entwickeln. Gelingt ihr/ihm das nicht, so liegt der Schluss nahe, dass die Wissensproduktion allein von der Software geleistet wird, und also das Wissen, das mit hunderten oder tausenden Artefakten belegt wird, zum Beispiel den Algorithmen von Nie, Bent & Hull (1970) zu verdanken ist. Dieser Befund muss Archäologen_innen Sorge bereiten, sind doch die Prämissen einer Software für demoskopische Forschungen womöglich nicht auf archäologische Artefakte übertragbar. Ich meine jedoch, dass die Vernetzungen von Technologien, Menschen und Artefakten, von „Gesten und Know-how“ (Latour 1998, 51), eine andere Form von Wissensproduktion befeuern, die nicht nur mehr archäologische Artefakte sondern auch mehr menschliche und nichtmenschliche Agenten miteinander verbindet und folglich fehlendes Know-how ausgeglichen werden kann. Es bleibt allerdings die Frage, wie eine solche Gemeinschaft aussehen muss und wie die Wissensprodukte aus einem „Hexenkessel mit Computerchips, Organisationen, Subjektivitäten, Software, gesetzlichen Vorschriften, Routinen (…)“ (Latour 1996, 307) letztendlich zu bewerten sind.

Katja Rösler
Institut für Archäologische Wissenschaften, Frühgeschichtliche Archäologie und Archäologie des Mittelalters
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
katjaroesler@ymail.com

Arnica Keßeler

Affordanz, oder was Dinge können!

Dinge stellen einen zentralen Themenbereich in der Archäologie dar. Die Auseinandersetzung mit dem Ding erschöpft sich derzeit leider häufig im Dokumentieren der etwaigen Parameter wie Breiten- und Längenangaben, Gebrauchsspuren oder Fundverteilungen. Diese Analysebereiche die direkt mit den möglichen Nutzungen der Dinge verbunden sind, zeigen jedoch nur einen Teil der möglichen Informationen an, die uns Dinge anbieten. Eine Beschäftigung über diese Bereiche hinaus findet oft nicht statt oder wird durch geläufige Funktionszuweisungen als bekannt angenommen. Ein Grund liegt dabei womöglich darin, dass dem Ding ohne den Menschen das Handeln abgesprochen wird. Die Interaktion des Dings mit dem Menschen wird als bedeutsam hervorgehoben und der Schwerpunkt auf den „handelnden Menschen“ gerichtet. Vernachlässigt werden hierbei die Möglichkeiten, die die Dinge „anbieten“. Diese Affordanzen (Gibson 1982), die die Interaktion zwischen Mensch und Ding erst zulassen und folgend zu einer Handlung führen, wurden in der Archäologie bislang kaum bedacht. Durch diese einseitige, anthropozentrische Betrachtung der Dinge werden Aspekte und Angebote vernachlässigt, die die Dinge aufweisen.
Mit dem Prinzip der Affordanzen – dem Angebotscharakter – kann auch in der Archäologie ein neuer Blick auf die Dinge geworfen werden. Diese Betrachtungsweise stellt das Ding ins Zentrum der Untersuchungen und zeigt (materielle) Möglichkeiten auf, die in Verbindung mit dem Menschen Interaktionen zur Folge haben können. Ich plädiere in meinem Vortrag daher für eine Gleichsetzung der Interaktionsparteien Ding und Mensch um neue Erkenntnisse über deren Wechselbeziehung zu erlangen.

Arnica Keßler
Institut für Vorderasiatische Archäologie
Freie Universität Berlin
keardo@gmx.de

Tatiana Ivleva

A totality of things and objects: multifaceted British-made brooches abroad

Brooches formed part of a dress for any inhabitant of the Roman world; they served to hold two pieces of a person’s clothing together. Up to now 242 British-made brooches have beenidentified on 103 sites across Europe. Being made in Roman Britain and brought overseas for the propose of fastening the clothes, their functional aspect started to be overshadowed by other meanings attached to them by the variety of owners, users and viewers brooches have changed during their lifetime. Once the brooches reached their final owners and entered the archaeological record, they acquired the mixture of identities filled with the variety of meanings and associations.

This paper would like to contribute to the second theme of the conference by illustrating the concept of entanglement of objects and things and using as the example British-made brooches found outside the province of their manufacture. In an essence, each brooch is dual in its uniformity having the essentialised (thing-ness) and multifaceted (object-ness) margin, i.e. the boundaries of the brooches’ identities were repositioned in relation to different points of reference (i.e. different users, owners and viewers), although their core identity, as being things, was not erased within the other meanings. The presentation shows how the aspect of entanglement comes into play, when „the thing in its own right” (Hodder 2012, 2) is being an agent of and for other agents without losing its „thinghood”. In this way both thingness and object-ness neither precede nor proceed but are firmly entrenched within one another forming a totality, which provides a playground for myriad of identities to be projected.

Tatiana Ivleva
Factuly of Archaeology
Universität Leiden
tatianaivl@hotmail.com

Reinhard Bernbeck

Akkumulieren ist eine Suchtkrankheit und Archäologie ist ihr Symptom

In diesem Beitrag beschäftige ich mich mit dem Akkumulieren als einer Handlungsweise, die Kultur und Ökonomie seit der Renaissance eng aneinander bindet. Es handelt sich dabei um ein Dispositiv, welches sich durch Kolonialismus und Globalisierung weltweit ausgebreitet hat und anscheinend alternativlos dasteht. In diesem Dispositiv nimmt die Archäologie eine paradoxe Stellung ein: als eines der Hauptsymptome der Akkumulationskrankheit, und zugleich als eines der wenigen Mittel, diese Krankheit sichtbar zu machen und damit gegen sie anzugehen. Die Beispiele, die ich zur Illustration meiner These verwende, stammen aus dem neolithischen Westasien und aus der westlichen Museenwelt.

Reinhard Bernbeck
Institut für Vorderasiatische Archäologie
Freie Universität Berlin
rbernbec@zedat.fu-berlin.de

Raimund Karl

My preciousssss… Oder: every sherd is sacred

Die Vollständigkeit von Beobachtungen ist eine der unabdingbaren (epistemo-)logischen Voraussetzungen für die Möglichkeit, einen positiv beweiskräftigen Induktionsschluß durchführen zu können. Und der Glaube, dass nur Induktionsschlüsse, ausgehend von richtigen und vollständigen Beobachtungen von archäologischen Funden (und Befunden), verlässliche, d.h. letztendlich ‚wahre‘, Erkenntnisse über ur- und frühgeschichtliche Dinge (und Menschen) erzeugen können, ist in der deutschsprachigen Ur- und Frühgeschichte seit wenigstens ihrem Beginn als eigenständiges wissenschaftliches Fach programmatisch festgeschrieben.
Für Österreich schreibt zum Beispiel Moriz Hoernes an keinem geringeren Ort als der methodischen Einleitung zu seiner Habilitationsschrift, mit der er die „k.&k. (Wiener) Schule“ der Ur- und Frühgeschichte begründete, dass der „…Anfang und Fortschritt…“ in der Ur- und Frühgeschichte in „…der Beobachtung nackter Tatsachen, im Aneinanderreihen der einzelnen an sich geringfügigen Wahrnehmungen zu unerschütterlichen Erkenntnissen liegt…“ (Hoernes 1892, 43). Dafür beruft er sich auf Rudolf Virchows Ansichten zur Bedeutung der „…Hilfsmittel der Beobachtung und des Experiments…“ und Virchows Hoffnung, dass die anthropologischen Wissenschaften in Hinkunft „…auf rein induktivem Weg…“ vorwärts schreiten würden (Hoernes 1892, 70).

Dieses neopositivistische Wissenschaftsbild wird seitdem in der deutschsprachigen Ur- und Frühgeschichte völlig unreflektiert als „einzig wahre“ Art der Erzeugung archäologischen Wissens von Generation zu Generation weitergegeben; es ist zum fachlichen Dogma geworden. Aus diesen Voraussetzungen ergibt sich jedoch logisch zwingend ein ganz bestimmtes Verhältnis des Faches zu den (archäologischen) Dingen: das (archäologische) Ding ist Objekt unserer (hoffentlich) „richtigen“ Beobachtungen. Aus diesen Beobachtungen wollen wir induktiv die Wahrheit erschließen. Dazu ist die Vollständigkeit der Beobachtungen erforderlich. Es folgt zwingend: jedes archäologische Ding ist ein unendlich wertvoller Schatz, ist heilig, muss für immer aufgehoben und in nur Eingeweihten zugänglichen Repositorien aufbewahrt werden, weil jeder andere sie absichtlich oder unabsichtlich zerstören könnte. Nur so lässt sich sicherstellen, dass unsere Beobachtungen beliebig (experimentell) wiederholbar bleiben und unsere Wissenschaft nicht auf anderem als rein induktivem Weg vorwärts schreiten muss. Massendinghaltung ist also eine notwendige Folge unseres epistemologischen Ansatzes.

Raimund Karl
School of History, Welsh History and Archaeology
Prifysgol Bangor University
r.karl@bangor.ac.uk

Sabine Rieckhoff

Ist das Archäologie oder kann das weg?

Wissenschaft und Kunst lassen sich als einander überschneidende Symbolsysteme verstehen, mit denen Welten beschrieben und erzeugt werden. Es ist daher ebenso legitim wie reizvoll, die Frage des material turn und der archäologischen „Massendinghaltung“ aus einer bestimmten Sicht der Kunst zu hinterfragen, die vor rund 100 Jahren mit Marcel Duchamp’s objets trouvés begann, den Ding-Charakter des Kunstwerkes zu entdecken und symbolisch zu transformieren. Die Concept art der 1960er Jahre radikalisierte diesen Ansatz und identifizierte Dinge als Kunstwerke, deren Aussage nicht mehr autonome Objekte (Bilder, Skulpturen, Fotos, etc.) waren, sondern Form gewordene Konzepte zur Entstehung, Nutzung und Bedeutung von Dingen. Berühmt wurde Joseph Beuys‘ „Badewanne“ (1960), nachdem deren Symbolik einer übereifrigen Reinigungskraft zum Opfer gefallen war, ein Schicksal, das vor zwei Jahren auch Martin Kippenbergers Trog erlitt und die medienwirksame Frage evozierte: „Ist das Kunst oder kann das weg?“ Aber nicht nur in der Schlüsselrolle der den Alltag entnommenen Dinge, auch in Stilmitteln wie Wiederholung und Masse und nicht zuletzt im Einsatz digitaler Medien wird die Homologie zwischen Concept art und Prähistorischer Archäologie sichtbar: Auch in der Archäologie ist die Individualität des wissenschaftlich und kommerziell kostbaren Einzelobjektes oder –befundes (Beispiel „Fürstengrab“) an den Rand gedrängt worden von unansehnlichen Massen (Beispiel Großgrabung); auch hier ist an die Stelle der Ikone das Kollektiv der Dinge getreten, deren Konzepte – ihr einstiger sozialer Stellenwert – mit Hilfe quantitativer Methoden (re)konstruiert werden soll. Denn auch die Archäologie glaubt, dass das Gesetz der Serie einen Querschnitt durch Raum (Gesellschaft) und Zeit (Geschichte) ermöglicht, obwohl auch sie längst eingesehen haben müsste, dass sich Konzepte nur schwer „dingfest“ machen lassen. Aber so wie sich die Kunst immer mehr auf die Konzepte konzentrierte und dafür die Form vernachlässigte, bis sie „buchstäblich“ nur noch aus Worten bestand, so klammert sich die Archäologie an Fragen, die seit dem Historismus von den Schriftquellen diktiert werden. So wie die Concept art aus Mangel an Gestalt und Gestaltung heute quasi verhungert, so könnte auch die Archäologie aussterben, wenn sie nicht lernt, die gestalterischen (d. h. narrativen) Qualitäten ihrer Dinge zu nutzen. Wenn ihr das aber gelingt, wird sich die im Titel gestellte Frage von selbst beantworten. Allerdings könnten die Antworten je nach Kontext unterschiedlich ausfallen.

Sabine Rieckhoff
Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte
Universität Leipzig
sabine.rieckhoff@online.de

Literaturverzeichnis

Burmeister, S. Nach dem Post-, Forum Kritische Archäologie 1, 2012, 45–51, URL: http://www.kritischearchaeologie.de/repositorium/fka/2012_1_07_Burmeister.pdf.

Gibson, J. Wahrnehmung und Umwelt. Der ökologische Ansatz in der visuellen Wahrnehmung (München, Wien 1982).

Gugerli, D. – Orland B. Einführung. In: Dies. (Hrsg.), Ganz normale Bilder. Historische Beiträge zur visuellen Herstellung von Selbstverständlichkeit. Interferenzen 2 (Zürich 2002) 9-16.

Haraway, D. J. A Cyborg Manifesto. Science, Technology, and Socialist-Feminism in the Late Twentieth Century. In: Donna J. Haraway (Hrsg.), Simians, Cyborgs, and Women: the Reinvention of Nature (New York 1991) 149–181.

Hoernes, M. Die Urgeschichte des Menschen nach dem heutigen Stand der Wissenschaft (Wien, Pest & Leipzig 1892).

Hodder, I. Entangled. An archaeology of the relationships between humans and things (Malden 2012).

Latour, B. Social theory and the study of computerized work sites. In: Wanda J. Orlinokowski/Geoff Walsham (Hrsg.) Information Technology and Changes in Organizational Work (London 1996) 295-307.

Latour, B. Über technische Vermittlung. Philosophie, Soziologie, Genealogie, In: Werner Rammert, Technik und Sozialtheorie (Frankfurt am Main/New York 1998) 29-81.

Latour, B. Zirkulierende Referenz. In: Bruno Latour, Die Hoffnung der Pandora (Frankfurt am Main 2000) 36-95.

Lüning J., Zum Kulturbegriff im Neolithikum, Prähist. Zeitschr. 47, 1972, 145–173.

Nie, N. /Bent, D./Hull, C. H. SPSS: Statistical Package for the Social Sciences (New York 1970).

Stockhammer, P. W. Performing the Practice Turn in Archaeology, Transcultural Studies 1, 2012, 7–42.

CfP: Massendinghaltung in der Archäologie

Der material turn und die Ur- und Frühgeschichte

Tagung der Arbeitsgemeinschaft Theorien in der Archäologie e.V. (AG TidA); organisiert von: Kerstin P. Hofmann, Thomas Meier, Doreen Mölders und Stefan Schreiber

23.–24. Mai 2013 im Topoi-Haus Dahlem

Als im Jahr 2002 das erst fünf Jahre zuvor bezogene, neu ausgebaute Depotgebäude des Archäologischen Archivs Sachsen (AAS) einen Erweiterungsbau erhielt, wurde Platz geschaffen für die 18 Millionen Einzelobjekte, die im Freistaat Sachsen seit dem 18. Jh. gesammelt und ausgegraben wurden (1). Bei einer jährlichen Zuwachsrate von 250.000 bis 300.000 Objekten dürfte die Gesamtlagerfläche von 9200 m², die sich über eine 5,50 m hohe, elektrisch betriebene Kompaktregalanlage mit vier Regalblöcken erstreckt, in absehbarer Zeit wieder belegt sein. Auch die Objektnummern in den Fundarchiven anderer Bundesländer liegen im zweistelligen Millionenbereich (z.B. Sachsen-Anhalt mit 11 Millionen und Schleswig-Holstein mit 10 Millionen Einzelfunden). Angesichts dieser Zahlen muss gefragt werden könnte, ob eine Archäologie, die eine „Population von Dingen“ vergangener Lebenswelten, um mit Böhme (2006) zu sprechen, als Stapelware auf Paletten in Magazinen unterbringt, eine Institution der Massendinghaltung ist? Und, so müsste man weiter fragen, wird eine archäologische Praxis, deren institutionelle Pflicht es ist, kulturelles Erbe zu schützen, den Dingen gerecht? Andererseits, was meinen wir überhaupt, wenn wir nach dem Ding und seinen Rechten fragen? Hierauf Antworten zu finden und gleichzeitig eine Idee davon zu vermitteln, worauf wir mit unserer Tagung unter dem Haupttitel „Massendinghaltung in der Archäologie“ hinauswollen, müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf den erkenntnistheoretischen Diskurs der material culture studies lenken (s. u.a. Hicks/Beaudry 2010). CfP: Massendinghaltung in der Archäologie weiterlesen

Aktuelle Literatur / Februar 2013

zusammengestellt von Sabine Reinhold und Almut Schülke


Archäologie, Geschichtsschreibung & Wissenschaftsgeschichte

Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 52/1, 2011 (2012)

Schwerpunktthema: Wissenschaftsgeschichte der Archäologie: Ansätze, Methoden, Erkenntnispotenziale
7 Beiträge mit einem Spektrum von der Zielsetzung einer archäologischen Fachgeschichte bis zum Thema Ethnizität basierend auf der Tagung der Theorie-AG 2009 in Greifswald.

Gisela Eberhardt, Deutsche Ausgrabungen im „langen“ 19. Jahrhundert. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft (2011).

Gisela Eberhardt, Spurensuche in der Vergangenheit. Eine Geschichte der frühen Archäologie. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft (2011).

Peter Kuhlmann/Helmuth Schneider (Hrsg.), Geschichte der Altertumswissenschaften: biographisches Lexikon. Der Neue Pauly: Supplement Band 6. Stuttgart: Wissenschaftliche Buchgesellschaft (2012).

Samuel Merrill/Hans Hack, Exploring hidden narratives: Conscript graffiti at the former military base of Kummersdorf. Journal of Social Archaeology 13, 2013, 101-121.

Glen Foard/Richard Morris, The Archaeology of English Battlefields: Conflict in the Pre-Industrial Landscape. York: Council for British Archaeology (2012).

Harald Meller (Hrsg.), Schlachtfeldarchäologie – Battlefield Archaeology: 1. Mitteldeutscher Archäologentag vom 09. bis 11. Oktober 2008 in Halle (Saale).  Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Landesmuseum für Vorgeschichte (2009).

Þóra Pétursdóttir, Concrete Matters: Ruins of Modernity and the Things called Heritage. Journal of Social Archaeology 13, 2013, 31-53.

Almut Schülke, “… und zeugen von einem stolzen Geschlecht”. Ernst Sprockhoffs archäologisches Wirken auf Lista während des Zweiten Weltkrieges – eine Ausstellung im Nordberg Fort, Vest-Agder, Norwegen. Archäologisches Nachrichtenblatt 17 (2012), 3-6.

Caroline Sturdy Colls, Holocaust Archaeology: Archaeological Approaches to Landscapes of Nazi Genocide and Persecution. Journal of Conflict Archaeology 7/2, 2012, 70-104.

… und passend dazu ein neues Projekt des Instituts für Vorderasiatische Archäologie der FU Berlin mit Internetpräsenz, dem zu folgen lohnt
http://www.ausgrabungen-tempelhof.de/

Der Flughafen Tempelhof ist durch seine symbolbefrachtete Geschichte in der Zeit der Luftbrücke vor allem als Berlins „Tor zur Welt“ bekannt. Unter dem Tempelhofer Flugfeld verbergen sich historische Schichten und deren Zeugnisse. Archäologische Ausgrabungen am nördlichen Rand des Flugfeldes erlauben es, Zeugnisse des Alten Flughafens, der Zwangsarbeiterlager und des Columbia-KZs sichtbar zu machen. Die Durchführung der Ausgrabungen einschließlich wissenschaftlich-methodischer Analyse der Befunde und Funde bietet die Chance, archäologisch-materielle Quellen auch für die Geschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts zu nutzen. … Das Projekt steht in Zusammenhang mit dem Thema „Zerstörte Vielfalt“, welches das Land Berlin für das Jahr 2013 in Erinnerung an 80 Jahre seit der Nazi-Machtübernahme und 75 Jahre seit der Pogromnacht ausrief. Dem Vergessen soll durch das Projekt aktiv entgegengewirkt werden.


Ethnizität & Identität

Sebastian Brather, Ethnizität und Mittelalterarchäologie. Eine Antwort auf Florin Curta. Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters 39, 2011 (2012), 161-172.
siehe Florian Curta, Some Remarks on Ethnicity in Medieval Archaeology. Early Medieval Europe 15, 2007, 159-185.

Mihael Budja, In Search of Past Identities. Documenta Praehistorica 38, 2011, 45-60.

Mihael Budja, Interpretative Trajectories towards Understanding Personhoods in Prehistory. Documenta Praehistorica 39, 2012, 137-154.

John Chapman/Bisserka Gaydarska, Can we Reconcile Individualisation with Relational “Personhood”: a Case Study from the Early Neolithic. Documenta Praehistorica 38, 2011, 21-44.

Roderick B. Salisbury, Place and Identity: Networks of Neolithic communities in Central Europe. Documenta Praehistorica 39, 2012, 203-214.

Kerstin P. Hofmann, Der Identität ihr Grab?, Zur archäologischen Identitätsforschung anhand bronzezeitlicher Bestattungen des Elbe-Weser-Dreiecks. In: I. Heske/B. Horejs (Hrsg.), Bronzezeitliche Identitäten und Objekte. Universitätsforschungen zur Prähistorischen Archäologie 221. Habelt: Bonn (2012) 13-26.

Martin Hinz, Analyse frühbronzezeitlicher Identitätsebenen mittels multivarianter Statistik. In: I. Heske/B. Horejs (Hrsg.), Bronzezeitliche Identitäten und Objekte. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 221. Habelt: Bonn (2012) 115-126.

Sabine Reinhold, Zur Konstruktion von Identität in der Bronzezeit Kaukasiens. In: I. Heske/B. Horejs (Hrsg.), Bronzezeitliche Identitäten und Objekte. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 221. Habelt: Bonn (2012) 83-106.

Philipp W. Stockhammer, Identität durch Aneignung. Zur Funktion fremder Keramik im spätbronzezeitlichen Ostmittelmeerraum. In: I. Heske/B. Horejs (Hrsg.), Bronzezeitliche Identitäten und Objekte. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 221. Habelt: Bonn (2012) 107-114.

Mads Ravn, Ethnographic analogy from the Pacific: Just as analogical as any other analogy. World Archaeology 43, 4, 2011, 716-725.

Russell Ó Ríagáin/Cătălin Nicolae Popa (Hrsg.), Archaeology and the (De)Construction of National and Supra-National Polities. Archaeological Review from Cambridge 27/2, 2012.  10 Beiträge zum Thema Nationalismus und Ethnizität.


Body & Gender

Liv Helga Dommasnes/Sandra Montón-Subías, European Gender Archaeologies in Historical Perspective. European Journal of Archaeology 15/3, 2012, 367-391.

Torill Christine Lindstrøm, “I am the Walrus”: Animal Identities and merging with Animals – Exceptional Experiences? Norwegian Archaeological Review 45/2, 2012, 151-176.

Karen Milek, The Roles of Pit Houses and Gendered Spaces on Viking-Age Farmsteads in Iceland. Medieval Archaeology 56, 2012, 85-131.

Nils Müller-Scheessel, Wirklich nur Jagen, Kämpfen, Saufen? Die Konstruktion von Männlichkeit in ur- und frühgeschichtlichen Gesellschaften. Das Altertum 56/3, 2011, 205-222.

Joanna Sofaer, Touching the Body: The Living and the Dead in Osteoarchaeology and the Performance Art of Marina Abramović. Norwegian Archaeological Review 45/2, 2012, 135-150.


Soziale Praxis & Deponierung

John. L. Creese, The Domestication of Personhood: a View from the Northern Iroquoian Longhouse. Cambridge Archaeological Journal 22/3, 2012, 365-386.

Duncan Garrow, Odd Deposits and Average Practice. A Critical History of the Concept of structured deposition. Archaeological Dialogues 19/2, 2012, 85-116.
Discussion article, kommentiert von Åsa Berggren, David Fontijn, Julian Thomas, Svend Hansen und John Chapman, mit einer Antwort von Duncan Garrow.

Svend Hansen/Daniel Neumann/Tilmann Vachta (Hrsg.), Hort und Raum. Aktuelle Forschungen zu bronzezeitlichen Deponierungen in Mitteleuropa. Topoi – Berlin Studies of the Ancient World 10. De Gryuter (2012)
auch als open access Publikation: http://www.degruyter.com/view/books/9783110290257/9783110290257.fm/9783110290257.fm.xml?format=EBOK

David Wengrow, ‚Archival’ and ‚Sacrificial’ Economies in Bronze Age Eurasia: and Integrationist Approach to the Hoarding of Metal. In: Toby C. Wilkinson/Susan Sherratt/John Bennet (Hrsg.), Interweaving Worlds: Systemic Interactions in Eurasia, 7th to 1st Millennia BC. Oxford: Oxbow Books (2011) 135-144.


Rituale

Georg Danek/Irmtraud Hellerschmid (Hrsg.), Rituale: Identitätsstiftende Handlungskomplexe: 2. Tagung des Zentrums Archäologie und Altertumswissenschaften an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2./3. November 2009. Wien: Österreichische Akademie der Wissenschaften (2012).

Aleksander Pluskowski (Hrsg.), The Ritual Killing and Burial of Animals: European Perspectives. Oakville, CT: Oxbow Books (2012).


Raum & Landschaft

Knut Andreas Bergsvik/Robin Skeates (Hrsg.), Caves in Context. The Cultural Significance of Caves and Rock Shelters in Europe. Oxford: Oxbow Books (2012).

Peter Haupt, Landschaftsarchäologie: eine Einführung. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft (2012).

Andrew Meirion Jones/Davina Freedman/Blaze O’Connor/Hugo Lamdin-Whymark/Richard Tipping, An Animate Landscape. Rock Art and the Prehistory of Kilmartin, Argyll, Scotland. Oxford: Windgather Press (2011).

Mundt, Felix (Hrsg.), Kommunikationsräume im kaiserzeitlichen Rom.  Topoi – Berlin Studies of the Ancient World 6. De Gruyter (2012).
auch als open access Publikation: http://www.degruyter.com/viewbooktoc/product/177433

Markus Schussmann, Siedlungshierarchien und Zentralisierungsprozesse in der Südlichen Frankenalb zwischen dem 9. und 4. Jh. v. Chr. Rahden, Westfalen: Leidorf (2012).

Christoph Steffen, Gesellschaftswandel während der älteren Eisenzeit: soziale Strukturen der Hallstatt- und Frühlatènekultur in Baden-Württemberg. Stuttgart: Theiss (2012).
zwei Beiträge aus dem Schwerpunktprogamm “Frühe Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse”. Die Monographie von Christoph Steffen thematisiert insbesondere den Geoinformationsansatz innerhalb dieses Projektes.


Chronologie

Oliver Nakoinz, Datierungskodierung und chronologische Inferenz – Techniken zum Umgang mit unscharfen chronologischen Informationen. Prähistorische Zeitschrift 87, 2012/1/2, 189-207.


Bronze Age World-System

Toby C. Wilkinson/Susan Sherratt/John Bennet (Eds.), Interweaving Worlds: Systemic Interactions in Eurasia, 7th to 1st millennia BC. Oxford: Oxbow Books (2011).

Archaeologia Polona 47, Special Issue: Profiles of Archaeologists of the Twentieth Century Dedicated to the Memory of Andrew Sherratt. Wrocław: Polska Akademia Nauk, 2009.

beide Bände sind dem Andenken Andrew Sherratts gewidmet. Der von Wilkenson et al. herausgegebene Band fußt auf einer Gedenk-Konferenz 2008 in Sheffield „What would a Bronze Age System Look Like? Worlds systems approach to Europe and Western Asia, 4th to 1st millennia BC.” Die Aufsätze befassen sich mit verschiedenen Aspekten der kulturellen Interaktion zwischen Vorderem Orient, Eurasien und Europa. Die Themen reichen von teils kritischen, teils weniger kritischen Reflektionen zum Worlds-systems-approach in Eurasien und der Levante bis zur Diskussion von Modellen der Diffusion, des Long-distance exchange und der weiträumigen Kommunikation.

Das Spezialheft der Archaeologia Polona nimmt das Andenken an Andrew Sherratt zum Anlass die Biographien verschiedener osteuropäischer Archäologen vorzustellen.


Neolithisierung in anderer Perspektive

Graeme Barker, Why cultivate? Anthropological and Archaeological Approaches to Foraging-farming Transitions in Southeast Asia. Cambridge: McDonald Institute for Archaeological Research (2011).

Annett Dittrich, Zur Neolithisierung des Mittleren Niltals und angrenzender Regionen: Kultureller Wandel vom Mesolithikum zum Neolithikum im Nord- und Zentralsudan. BAR International Series 2281 (2011).

Peter Jordan/Marek Zvelebil (Hrsg.), Ceramics before Farming: the Dispersal of Pottery among Prehistoric Eurasian Hunter-gatherers. Walnut Creek, CA: Left Coast Press (2009).
Die erste Sammlung zu den frühen wildbeuterischen, Keramikführenden Kulturen in Eurasien. 21 Beiträge diskutieren die Frage, ob Neolithisierung gleichbedeutend mit dem Vorderasiatischen Modell sein muss. Die geographische Spannweite der Aufsätze reicht von den frühesten Keramikführenden Kulturen in Japan und China bis nach Skandinavien und Mitteleuropa.

Henny Piezonka, Stone Age Hunter-gatherer Ceramics of North-Eastern Europe: New Insights into the Dispersal of an Essential Innovation. Documenta Praehistorica 39, 22-51.


Archäologie & Kunst

Dolors Denaro (Hrsg.), Arkhaiologia. Archäologie in der zeitgenössischen Kunst. Verlag für Moderne Kunst: Biel/Bienne (2011)
Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung im CetrePasquArt Biel vom 11.9. bis 27.11.2011. 30 moderne Künstler setzen sich mit Aspekten von „Archäologie“ auseinander, mit einem Beitrag von Ulf Ickerodt/Andreas Schäfer, Zwischen Illustration und Imagination – Archäologische Forschung und die künstlerische Auseinandersetzung mit der Archäologie, S. 194-203. Das Projekt von Daniel Spöri „Déjeuner sous l’herbe 1983/2010 zeigt das Experiment der Ein- und Ausgrabung eines Frühstücks im Park von Montcel à Jouy-en-Josas. Wer fühlt sich da nicht erinnert an Cornelius Holtofs Eingrabung in Berlin 2001? Cornelius Holtorf – Incavation – excavation – exhibition. In: Neil Brodie/Catherine Hills, Material Engagements: Studies in Honour of Colin Renfrew Oxford: Oxbow Books (2004) 46-53.

Christopher S. Henshilwood/Francesco D’Errico (Hrsg.), Homo Symbolicus: The Dawn of Language, Imagination and Spirituality. Amsterdam/Philadelphia (PA): John Benjamins (2011).


Verschiedenes

Magdalena Brendler, Ist das alles wahr? Vom Umgang der archäologischen Museen mit wissenschaftlichen Theorien. Archäologisches Nachrichtenblatt 17, 2012 (3), 261-269.

Ragnhild Berge/Marek E. Jasinski/Kalle Sognnes (Hrsg.), N-TAG ten: Proceedings of the 10th Nordic TAG Conference at Stiklestad, Norway 2009. BAR International Series 2399. Oxford: Archaeopress (2012).

Karina Croucher, Death and Dying in the Neolithic Near East. Oxford: Oxford University Press (2012).

Niels Johannsen/Mads Dengsø Jessen/Helle Juel Jensen (Hrsg.), Excavating the mind: Cross-sections Through Culture, Cognition and Materiality. Aarhus: Aarhus University Press (2012).

Vesa-Pekka Herva/Kerkko Nordqvist/Anu Herva/Janne Ikäheimo, Daughters of Magic: Esotheric Traditions, Relational Ontology and the Archaeology of the Post-Medieval Past. World Archaeology 42/4, 2010, 609-621.]

Ute Scholz, Konsum und Archäologie: Zur Anwendung von Theorien der Konsumforschung in der Historischen Archäologie. Historische Archäologie 2012. open access Zeitschrift. http://www.histarch.uni-kiel.de/index.htm


Neue Open Access Journale in der Archäologie

Forum Kritische Archäologie

http://www.kritischearchaeologie.de/fka/issue/current

Das Interesse an den politischen Dimensionen der Archäologie hat global stark zugenommen, was auch zur Infragestellung von Wahrheitsbehauptungen der archäologischen Forschung selbst führte. Auseinandersetzungen dieser Art reichen von Forderungen der Rückführung von Kulturgütern bis hin zur Frage, wer über die Vergangenheit Anderer forschen, reden oder schreiben darf oder welches Verhältnis wir zu den “Anderen” der Vergangenheit entwickeln können und sollten. Man kann heute kaum von einer ethisch fundierten, gesellschaftlich verantwortlichen Archäologie reden, wenn sie sich nicht mit diesen Themen beschäftigt. Forum Kritische Archäologie hat zum Ziel, die Auseinandersetzung mit solchen Fragen im deutschsprachigen Raum zu fördern.

Ausgabe 1 12. Mai 2012 mit 20 Beiträgen zum Thema „Was ist eine Kritische Archäologie“

Online-Zeitschrift „Historische Archäologie“

http://www.histarch.uni-kiel.de/index.htm

Historische Archäologie oder Historical Archaeology ist ein Begriff, der in den weltweit vielfältigen Traditionen der archäologischen Fächer unterschiedlich verwendet wird. Allen Versuchen einer Definition und inhaltlichen Abgrenzung gemeinsam ist die Betonung auf Epochen mit so genannter dichter Überlieferung. Insbesondere ist hier das Nebeneinander von materiellen archäologischen Quellen und schriftlicher Überlieferung zu nennen. Mehr als die Hälfte der Ausgrabungen der archäologischen Denkmalpflege befasst sich mit dem Mittelalter und der Neuzeit. Während für die mittelalterlichen Befunde und Funde eine quellenkritische Auseinandersetzung mit übergreifenden Analysen mittlerweile selbstverständlich ist, sehen wir für die Neuzeit im deutschsprachigen Raum ein Defizit.

Virtual Archaeology Review

http://varjournal.es/

Virtual Archaeology Review is the first scientific, international magazine specifically devoted to the field of virtual archaeology, in semestral editions. The magazine is meant for archaeologists, information scientists, engineers, historians, restorers, architects and professionals linked with the use of new technologies to the field of archaeological heritage.


TOPOI

http://www.topoi.org/ oder http://www.topoi.org/knowledge-transfer/publications/topoi-series/

Auch das Excellenz Cluster ”TOPOI. The Formation and Transformation of Space and Knowledge in Ancient Civilizations” in Berlin bietet seine Publikationen im Open-Access an. Man folgt auf der hompage dem link more Topoi publications oder dem hier angegeben, zweiten link zu den Serien.

… und passend dazu

World Archaeology, Vol. 44/4, 2012 mit dem Thema ”Open Archaeology”
10 Beiträge zum Umgang mit elektronischen Daten, Open-Access und e-archaeology

EAZ 52/1, 2011

Liebe Leserinnen und Leser, das hier vorgelegte Heft markiert die Rückkehr der EAZ zu einem regelmäßigen Erscheinungsmodus. Nachdem durch den Wechsel der Zeitschrift nach Leipzig eine völlige organisatorische Neuaufstellung notwendig wurde und deshalb der Jahrgang 51 nur verspätet und in Form eines Doppelhefts erschein- en konnte, soll ab dieser Lieferung der neue Erscheinungsmodus mit jeweils zwei Heft- en pro Jahr einsetzen. Zugleich wird die EAZ vom Waxmann-Verlag zukünftig parallel auch in einer digitalen Ausgabe angeboten werden.

Mit diesem Heft haben wir auch das Begutachtungsverfahren im Sinne eines klassis- chen Peer Review-Systems systematisiert. Es wird hauptsächlich von einem neu etabli- erten Beirat getragen, der Herausgeber und Redaktion auch in Fragen der inhaltlichen Entwicklung der Zeitschrift berät. Dem Beirat gehören momentan folgende Kollegin- nen und Kollegen an, denen ich für ihre Bereitschaft zur aktiven Mitwirkung an dies- er Stelle herzlich danken möchte: Martin Bartelheim (Tübingen), Stefan Burmeister (Kalkriese), Manfred K. H. Eggert (Tübingen), Alexander Gramsch (Herxheim), Mat- thias Hardt (Leipzig), Hans Peter Hahn (Frankfurt/M.), Svend Hansen (Berlin), Tobias Kienlin (Bochum), Frank Nikulka (Hamburg), Thomas Meier (Heidelberg), Nils Mül- ler-Scheeßel (Frankfurt/M.), Martin Porr (Crawly, AUS), Sabine Wolfram (Dresden/ Chemnitz) und Hans-Peter Wotzka (Köln).

Der Kern des vorliegenden Heftes bildet wieder ein Schwerpunktthema, dessen Be- iträge aus einer Sektion der Arbeitsgemeinschaft Theorie (inzwischen: AG Theorien in der Archäologie e. V.) hervorgegangen sind. Ich möchte den beiden Organisatorinnen dieser Sektion, Karin Reichenbach und Wiebke Rohrer, für ihr Engagement herzlich danken.

Eine Zeitschrift lebt in erster Linie von ihren AutorInnen und LeserInnen. In bei- den Bereichen ist noch Luft nach oben. Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, alle Leserinnen und Leser an dieser Stelle nochmals zur Einreichung von geeigneten Manuskripten zu ermuntern. Neben Einzelbeiträgen ist auch der Abdruck von thema- tisch zusammenhängenden Beiträgen beispielsweise auf der Grundlage kleinerer Ta- gungen oder Workshops möglich. Neuerscheinungen können zur Besprechung vorge- schlagen werden.

Informationen zur Einreichung von Manuskripten und Rezensionsexemplaren finden Sie auf der Internetpräsentation der EAZ (http://www.uni-leipzig.de/~ufg/). Dort in- formieren wir auch über die verschiedenen Bezugsmöglichkeiten der Zeitschrift. Durch Ihr Abonnement helfen Sie den Fortbestand der EAZ zu sichern.

In diesem Zusammenhang ist es mir eine angenehme Pflicht, einem Förderer, der na- mentlich nicht genannt werden möchte, herzlich für eine großzügige Spende zu dank- en. Sie kann dafür eingesetzt werden, die EAZ in der schwierigen Periode des Aufbaus eines neuen Abonnentenstammes finanziell zu stützen.

Leipzig, im Juni 2012 Ulrich Veit

 

Inhaltsverzeichnis

Editorial

Schwerpunktthema
Wissenschaftsgeschichte der Archäologie: Ansätze, Methoden, Erkenntnispotenziale

Karin Reichenbach & Wiebke Rohrer

Fachgeschichte(n) der Prähistorischen Archäologie. Zum Schwerpunktthema dieses Hefts

Susanne Grunwald

Fachgeschichte als kollektive Erinnerungspraxis.
Schwerpunkte in der Historiografiegeschichte der deutschen Prähistorischen Archäologie

Ulrich Veit

Archäologiegeschichte als Wissenschaftsgeschichte:
Über Formen und Funktionen historischer Selbstvergewisserung in der Prähistorischen Archäologie

Nils Müller‐Scheeßel

»Forschungsgeschichte« einmal anders:
Soziale, politische und ökonomische Einflüsse auf Ausgrabungen in ältereisenzeitlichen Grabhügeln Süddeutschlands

Tim Kerig

Grahame Clark und die mitteleuropäische Archäologie: Eine vergleichende Rezeptionsgeschichte

Manuel Fernández‐Götz & Francisco José García Fernández

Die ethnische Fragestellung in der spanischen Archäologie: Eine wissenschaftsgeschichtliche Perspektive

Fabian Link

Erkenntnispotenziale wissens‐ und wissenschaftssoziologischer Ansätze für eine Geschichte der Burgenforschung im Nationalsozialismus

Tagungsbericht

Gerson H. Jeute

Das lange 10. Jahrhundert – Struktureller Wandel zwischen Zentralisierung und Fragmentierung, äußerem Druck und innerer Krise. Tagung in Mainz vom 14.–16. März 2011.

Rezensionen

J. Baumgarten, Die Ammarin. Beduinen in Jordanien zwischen Stamm und Staat. Bibliotheca Academica, Orientalistik 18. Würzburg: Ergon‐Verlag 2001 (Marion Benz).

B. J. Nemes/A. Rabus (Hrsg.), Vermitteln – Übersetzen – Begegnen. Transferphänomene im europäischen Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Interdisziplinäre Annäherungen. Nova Mediaevalia. Quellen und Studien zum europäischen Mittelalter 8. Göttingen: V&R unipress 2011 (Sebastian Roebert).

J. Stadler, Nahrung für die Toten? Speisebeigaben in hallstattzeitlichen Gräbern und ihre kulturhistorische Bedeutung. Universitätsforschungen zur Prähistorischen Archäologie 186. Bonn: Dr. Rudolf Habelt 2010 (Melanie Augstein).

EAZ 51/1-2, 2010

Editorial

Als Folge der Schließung des traditionsreichen Lehrstuhls für Ur- und Frühgeschich- te der Berliner Humboldt-Universität zum Sommersemester 2010 ist mit Heft 4 des 50. Jahrgangs (2009) im Oktober 2010 das letzte von Johan Callmer und Ruth Struwe ver- antwortete Heft der »Ethnographisch-Archäologischen Zeitschrift« (EAZ) erschienen. Damit endet eine fünfzigjährige Publikationstradition in Berlin. In dieser Zeit hatte die Humboldt-Universität durch personelle und logistische Unterstützung ein Überleben der Zeitschrift auch in schwierigen Zeiten, wie etwa nach der Wende, gesichert. Die EAZ hat sich in dieser Zeit zu einem wichtigen und lebendigen Forum des fachlichen Austauschs innerhalb der Ur- und Frühgeschichte wie auch zwischen dieser und an- grenzenden Wissenschaften wie Ethnologie und Physischer Anthropologie entwickelt. Sie ist außerdem wie keine zweite archäologische Fachzeitschrift ein Spiegel der poli- tischen und weltanschaulichen Veränderungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun- derts.

Es gibt also Gründe genug, den Fortbestand der EAZ zu sichern. So konnte sich der Unterzeichnende der an ihn herangetragenen Bitte, die Weichen für eine Fortfüh- rung der Zeitschrift an der Professur für Ur- und Frühgeschichte der Universität Leip- zig zu stellen, nicht verschließen. Allerdings lassen die veränderten Rahmenbedingun- gen, wie die hier bislang noch fehlende Infrastruktur für Redaktion und Vertrieb eben- so wie die durch die digitale Revolution ausgelösten Veränderungen im Verlagswesen, auf Dauer eine einfache Fortschreibung der bisherigen Strukturen nicht zu. Vielmehr sind harte Schnitte verbunden mit einer gewissen Neuausrichtung der Zeitschrift nö- tig, um dauerhaft ein Weiterbestehen der EAZ zu sichern. Der Leipziger Lehrstuhl ist nicht in der Lage, diese Aufgabe alleine zu schultern. Dies kann letztlich nur dann ge- lingen, wenn alle Beteiligten – Autoren, Abonnenten, Leser, Redakteure (die weibliche Form sei jeweils mitgedacht) und Verlag – aktiv mit dazu beitragen. Mit der Arbeits- gemeinschaft Theorien in der Archäologie e.V. beim Präsidium der deutschen Alter- tumsverbände und dem Waxmann Verlag Münster konnten zwischenzeitlich aber zwei kompetente Partner gewonnen werden, die dabei mithelfen wollen, die EAZ nicht nur zu erhalten, sondern entsprechend der Bedingungen der Gegenwart weiterzuentwi- ckeln. Die nach der Entpflichtung des alten Beirats notwendig gewordene Bestellung ei- nes neuen wissenschaftlichen Beirats steht unmittelbar bevor. Seine Hauptaufgabe wird in der Sicherung des wissenschaftlichen Standards der vorgelegten Beiträge bestehen. Es ist vorgesehen, ein Peer-Review-Verfahren zu etablieren, dem sich alle eingereichten Forschungsbeiträge zu unterziehen haben werden. Beirat und Theorie-AG stehen aber auch bereit, um den Herausgeber im Hinblick auf die Einwerbung von Manuskripten sowie in Fragen der Weiterentwicklung des inhaltlichen Profils der EAZ zu unterstützen. Allerdings wollen wir auch am Bewährten festhalten.

Die EAZ steht in der Tradition des interdisziplinären Zusammenwirkens von Ur- und Frühgeschichte (Ur- und Frühgeschichtlicher Archäologie), Ethnologie (Kulturan- thropologie) und Physischer Anthropologie mit dem Ziel, zu einem besseren Verständ- nis der frühen geschichtlichen Entwicklung des Menschen zu kommen. Sie fühlt sich aber ebenso jenen Traditionen innerhalb der Altertums- und Geschichtswissenschaften verbunden, die aus einer vergleichenden Perspektive heraus versuchen, begründete Ein- blicke in die Entwicklung früher Kulturen zu geben.

In diesem Sinne möchte sie auch in Zukunft Beiträge vorlegen, die in exemplari- scher Weise Grundsatzfragen der archäologischen Fächer (insbesondere Urgeschicht- liche Archäologie, Frühgeschichtliche Archäologie, Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit) aufgreifen und in einer die engeren Fächergrenzen transzendierenden Weise zu klären bemüht sind. Schwerpunkte bilden hierbei traditionell die Ethnoarchäologie sowie seit einigen Jahren auch die Historische Archäologie. Jedoch sind mögliche Bei- träge keineswegs auf diese Bereiche beschränkt. Vielmehr sind innovative Ansätze je- der Art willkommen, die die Grundlagendebatte in den archäologischen Fächern insge- samt voranbringen.

Neben Fallstudien zu bestimmten Epochen und Regionen sollen – wie schon bisher – Beiträge zu den Bereichen Wissenschaftsgeschichte und Theorie / Methodologie der Archäologie einen weiteren Schwerpunkt bilden. Dies schließt auch Diskussionsbeiträge zum weiten Bereich ›Wissenschaft und Gesellschaft‹ (inklusive Denkmalpflege, Museo- logie und Medien) und zur Organisation des Archäologiestudiums mit ein.

Die EAZ ermutigt darüber hinaus insbesondere junge Autorinnen und Autoren zur Einreichung von Beiträgen. Die Publikationsrichtlinien können auf der Homepage der Professur für Ur- und Frühgeschichte der Universität Leipzig (http://www.uni-leipzig. de/~ufg/) nachgelesen und heruntergeladen werden (http://www.uni-leipzig.de/histsem/ index.php?id=1066&S=1). Außerdem finden Sie dort neben aktuellen Informationen zur EAZ (Kontaktadresse, Profil und Satzung, wissenschaftlicher Beirat, Inhaltsver- zeichnisse, Bezugsbedingungen) auch ein Gesamtregister, das noch unter Federführung der alten Herausgeber entstanden ist.

Die Beiträge dieses ersten Heftes (das aufgrund der besonderen Umstände das ein- zige für den Jahrgang 2010 bleiben wird) sind teilweise noch bei der alten Redaktion eingereicht worden. Da die Einwerbung von neuen Beiträgen aber im Hinblick auf das absehbare Ende der EAZ in Berlin auslief und eine unmittelbare Fortsetzung der Ar- beit in Leipzig nicht möglich war, ergab sich eine gewisse Lücke. Sie wird in diesem Heft durch die Aufnahme der Beiträge einer Leipziger Fachtagung gefüllt. Ab 2012 sind dann zwei Hefte pro Jahr geplant.

Um den Lesern der EAZ auch in Zukunft ein breites Spektrum an qualitätvollen Beiträgen vorlegen zu können, bitte ich um die Einreichung von geeigneten Manu- skripten bei der Redaktion. Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung (eaz@uni- leipzig.de).

Leipzig, im September 2011 Ulrich Veit

Inhaltsverzeichnis

Editorial Schwerpunktthema

Der Archäologe als Erzähler

Sabine Rieckhoff, Ulrich Veit, Sabine Wolfram

Zur Geschichte und Theorie des Erzählens in der Archäologie: eine Problemskizze

Ulrich Veit

Die Bedeutung von Narrativität für die Historie: Ein Versuch anhand von zwei Beispielen aus der Antike
Charlotte Schubert

Is narrative necessary?

Mark Pluciennik

»La Jalousie« und Archäologie: Plädoyer für subjektloses Erzählen

Reinhard Bernbeck

Populäre Geschichtsschreibung im 19. Jahrhundert: Motive und Strategien archäologischer Erzähler

Stefanie Samida

Völkerwellen und Kulturbringer. Herkunfts- und Wanderungsnarrative in historisch-archäologischen Interpretationen des Vorderen Orients um 1900
Felix Wiedemann

Carl Schuchhardt (1858–1943): Ein Rückblick auf Alteuropa Manfred K. H. Eggert

Hofberichterstattung. Zur Wirkmächtigkeit des narrativen Ideals in der Hallstattforschung

Matthias Jung

Art and rock-art of the Kimberley, Northwest Australia: Narratives, interpretations and imaginations

Martin Porr

›Frühes Griechenland‹. Zum Problem des Orients in fundierenden Geschichten des Okzidents

Beat Schweizer

Happy-End oder Aufruhr? Zur Narratologie der ›keltischen Kunst‹

Sabine Rieckhoff

Der Bauchredner und seine Puppe. Archäologische Ausstellungen als ›Erzählung‹

Stefan Burmeister

Abhandlung

Körpergewicht und BMI bezeugen einen hohen Lebensstandard im europäischen Mittelalter

Frank Siegmund

Tagungsbericht

Crossing Borders in Southeast Asian Archaeology. 13th International Conference of the European Association of Southeast Asian Archaeologists (EurASEAA) in Berlin vom 27. September bis 1. Oktober 2010
Dominik Bonatz, Andreas Reinecke, Mai Lin Tjoa-Bonatz

Besprechungen

A. Davidovic, Praktiken archäologischer Wissensproduktion. Eine kulturanthropologische Wissenschaftsforschung. Altertumskunde des Vorderen Orients 13. Münster 2009 (M. Jung)
J. Martin, Die Bronzegefäße in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen. Prähistorische Bronzefunde II, 16. Stuttgart 2009 (S. Hansen)
M. Gedl, Die Lanzenspitzen in Polen. Prähistorische Bronzefunde V, 3. Stuttgart 2009 (S. Hansen) K. Finneiser/P. Linscheid/M. Pehlivanian, George Schweinfurth. Pionier der Textilarchäologie und Afrikaforscher. Berlin 2010 (U. van der Heyden)

Arbeitsgemeinschaft Theorien in der Archäologie